Interview mit Christian Dolezal zur sportlichen Lage

24.10.2024 12:00 Uhr

Die spusu Vienna Capitals haben mit zwölf Spielen das erste Viertel des Grunddurchgangs absolviert. Mit 13 Punkten aus 12 Spielen ist die sportliche Bilanz ausbaufähig. Langwierige Ausfälle von Stammspielern tragen nicht zur Linderung der aktuellen Situation bei. Christian Dolezal, der Sportliche Leiter der spusu Vienna Capitals, zieht ein erstes Fazit und gibt einen Ausblick auf die kommenden Wochen.

Ein Viertel des Grunddurchgangs liegt hinter uns. Wie lautet dein Fazit?

Christian Dolezal: Wir haben die ersten Spiele mit viel guter Energie gespielt. Angefangen mit der ersten Partie, wo wir nach einer Unachtsamkeit verloren haben. Das Spiel selbst gegen eine sehr gute Mannschaft war aber ausgeglichen. Wir haben in den ersten Matches sehr gutes Eishockey gezeigt, das eine oder andere Ergebnis hätte mit ein bisschen mehr Effizienz besser ausfallen können oder eigentlich sogar müssen. Das alles war auf guten Defensiv- und Torhüterleistungen aufgebaut. Ein Negativbeispiel ist für mich das Spiel gegen Asiago. Auch wenn wir gewonnen haben, war das von uns keine gute Leistung. Wir haben uns mit unnötigen Strafen, die nicht vom Gegner erzwungen wurden, selbst in Probleme gebracht. In der Offensive ist unsere Leistung ausbaufähig. Dabei geht es weniger darum, Torchancen zu kreieren, die haben wir zum Teil zuhauf, sondern um die letzten Details beim Abschluss. Genauso ist das im Powerplay. Wir müssen mehr schmutzige Arbeit rund um das Tor verrichten, dem Torhüter die Sicht nehmen, Scheiben zum Tor bringen, eine bessere Schussauswahl finden – das sind ein paar Kleinigkeiten, die wir besser machen können.

Was sind einige Dinge, die bereits unternommen wurden, vor allem im Hinblick auf die Effizienz?

Dolezal: Wir arbeiten im Training daran, präsentieren die Erkenntnisse in Einzelgesprächen oder Meetings mit den Linien. Letztendlich hat das mit ganz kleinen Dingen zu tun, die wir dementsprechend rüberbringen wollen. Man muss einen schmalen Grat nehmen, den versuchen die Coaches zu gehen. Aktuell ist es schwierig, Tore zu erzielen. Wir dürfen uns aber nicht von unserer Linie wegbewegen, in der Defensive stabil zu stehen. Ein Schlüssel, um auch offensiv mehr Druck auszuüben, ist mit mehr Energie zu spielen. Von Anfang an und nicht erst dann, wenn wir in Rückstand liegen und unter Druck geraten. Egal, ob wir zu Hause in der STEFFL Arena oder auswärts spielen, wir müssen von Beginn weg mit dem richtigen Energielevel agieren. Das alles darf aber nicht zulasten der defensiven Struktur gehen, denn wir sind überzeugt, dass diese unerlässlich ist, um viele Spiele zu gewinnen.

Tyler Parks stand uns in Klagenfurt nicht mehr zur Verfügung, Jérémy Grégoire verletzte sich in diesem Spiel. Da nahm das Problem mit Verletzten seinen Lauf, aktuell halten wir bei fünf Langzeitverletzten. Wie schwer ist es, solche Verletzungen zu kompensieren?

Dolezal: Die Verletzung von Tyler Parks ist eine eigene Geschichte, die tut uns natürlich weh, dennoch haben wir hier mit Anders Lindbäck nachgebessert. Sebastian Wraneschitz hat gute Leistungen gebracht, daran hat es in den vergangenen Spielen nicht gelegen. Die Verletzung von Jérémy Grégoire ist sehr bitter, weil er ein Spieler ist, der der Mannschaft mit seiner Stimmung, Energie und seinem Spielstil einfach guttut. Gegen Pustertal sind mit Brett Kemp und Niki Hartl zwei Spieler verletzungsbedingt ausgeschieden, die an diesem Abend Teil der ersten Linie waren. Das unterstreicht ihren Stellenwert für uns. Dennoch müssen die Spieler, die auf dem Eis sind, weiter performen. Uns fehlen Schlüsselspieler, das ist für uns als Gruppe schlecht, das ist aber ein Signal an die anderen, dass wir näher zusammenrücken und die Kleinigkeiten noch besser machen müssen, um uns wieder auf die Siegerstraße zu bringen.

Welche Mittel innerhalb deiner Möglichkeiten hast du genutzt, um Bereiche wie die mangelnde Effizienz zu adressieren?

Dolezal: Ich habe in den vergangenen Wochen viele Gespräche geführt. Wir haben beispielsweise einen Spieler, der in seiner Karriere noch nie so wenig Offensiv-Output hatte wie derzeit. Da versuche ich, ein bisschen den selbst auferlegten Druck zu nehmen. Ich versuche positiv zuzureden, bleibe aber gleichzeitig bestimmt. Die Coaches tun im Training und in Meetings alles, ich habe mir den einen oder anderen Spieler auf die Seite geholt, auch um herauszufinden, ob rundherum alles passt.

In deiner Rolle als Sportlicher Leiter hast du andere Hebel zur Verfügung als zuvor als Coach, auch im Bezug auf die Kaderzusammenstellung.

Dolezal: Die Wahrheit ist, dass man ohnehin immer schaut, was sich auf dem Spielermarkt tut, egal, ob in Europa oder in Nordamerika. Die Ligen unterhalb der NHL fangen dort gerade erst an. Wir haben auch im Blick, was in Europa auf den Markt kommt, egal ob im Angriff, in der Verteidigung oder eben erst im Tor. Wir sind stets vorbereitet, um handlungsfähig zu sein, sollte sich etwas ergeben. Ich bin noch immer der felsenfesten Überzeugung, dass wir eine gute Gruppe beisammenhaben. Das Scoring und die Effizienz müssen besser werden, aber in erster Linie muss die Defensive halten, das ist unser Fundament. Wenn dieses nicht vorhanden ist, wird es schwierig. Wir arbeiten daran, die richtige Balance zu finden, das Fundament nicht zu vernachlässigen, aber offensiv für mehr Gefahr zu sorgen. Hier wollen wir uns verstärken, insbesondere unter dem Aspekt der aktuell dazugekommenen hochkarätigen Ausfälle.

Wie groß ist aktuell dein Handlungsspielraum?

Dolezal: Ich befinde mich im ständigen Austausch mit Management und Präsidenten, dabei lege ich meine Eindrücke dar. Es gibt aktuell leider noch nicht sehr viele Optionen am Markt, die uns dort helfen könnten, wo wir es brauchen. Schlussendlich bin ich dafür verantwortlich, sofort welche zu präsentieren, wenn sie sich ergeben. Gemeinsam loten wir aus, was finanziell möglich ist. Es ist etwas möglich, aber es muss ein Spieler sein, der uns wirklich dort helfen kann, wo wir eine Schwäche haben, und das ist im Abschluss. Teams aus größeren Ligen fischen in denselben Gewässern, was unsere Aufgabe schwieriger macht.

Was sind die Ziele für den weiteren Saisonverlauf?

Dolezal: Ganz klar wie auch vor der Saison bereits kommuniziert, wollen wir in dieser Saison nach dem Neustart auf allen Ebenen in die Play Offs. Auf welchem Weg auch immer. Das ist absolut realistisch und wir arbeiten jeden Tag hart daran, um dies zu erreichen. Dann muss man schauen, wie weit es gehen kann. In den nächsten Jahren wollen wir uns stetig wieder dorthin entwickeln, wo wir insbesondere vor der Covid-Zeit nahezu durchgehend waren, nämlich unter den Top vier und hoffentlich bald auch wieder in ein Finale der ICE Hockey League. Für die heurige Saison ist es im Frühling und Sommer ja gelungen, erstmals auch ohne Mäzen wirtschaftlich eine gute Basis zu schaffen, auf der wir aufbauen können. Das Management arbeitet gemeinsam mit dem Präsidenten tatsächlich Tag und Nacht daran, weitere neue Partner für die Zukunft zu finden.


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