Eine Legende tritt ab

31.03.2022 12:51 Uhr

Nach 19 Saisonen für die Caps beendete Wiens Urgestein seine eindrucksvolle Karriere. Wir blicken zurück auf 898 Liga-Spiele in Gelb-Schwarz. Harte Checks, über 31einhalb lange Stunden auf der Strafbank und emotionale Meister-Momente. Folgende Geschichte erschien vor den Play-Offs 2022 in unserem onFIRE-Magazin und gibt Einblicke in die Gefühlslage von Wiens Rekordspieler vor seinen letzten Auftritten.

„Wirklich darüber nachgedacht habe ich noch nicht. Es ist so wie vor allen Play-Offs. Man freut sich drauf und hofft, dass man am Ende ganz oben steht.“ Ganz realisiert hat Phil Lakos noch nicht, dass in ein paar Wochen seine lange Karriere vorbei sein wird. Kein tägliches Training mehr, kein Schinden im Sommer, kein typischer Kabinengeruch, keine langen Busfahrten – die Liste könnte ewig fortgesetzt werden. „Vermissen werde ich es auf jeden Fall. Allerdings sicher nicht das Training im Sommer“, schmunzelt die mittlerweile 41-jährige Caps-Legende. „Einerseits freue ich mich auf einen neuen Lebensabschnitt. Andererseits bin ich auch traurig, dass es vorbei ist. Ich habe sowieso Glück gehabt, dass ich so lange spielen durfte und konnte“, so der Wiener Eishockey-Hero, dessen legendäre Nummer „4“ künftig – als erste Nummer in der 21-jährigen Caps-Vereinsgeschichte – unter dem Dach der STEFFL Arena hängen wird.

Nachwuchs-Jahre in Kanada

Wir schreiben das Frühjahr 2003, als Lakos zum ersten Mal für die spusu Vienna Capitals im Profi-Bereich auflief. In den Play-Offs. Der heißesten Phase der Saison. Sein Debüt in Österreich erfolgte mit 22 Jahren recht spät. Der Grund ist schnell erklärt. Der Verteidiger verbrachte seine Jugendjahre in Kanada, durchlief dort die klassischen Junior-Hockey-Stationen und machte sich – aufgrund seiner mächtigen Statur und seinem unbändigen Kampfgeist – in der nordamerikanischen ECHL einen Namen. „Ich erinnere mich gut an meine Eishockey-Anfänge. Mein Bruder André und ich gingen in Wien in eine französische Schule. Wir absolvierten im Sommer öfters Trainingslager in Kanada. So kam der Kontakt zustande. Als Jugendliche gingen wir dann fix hinüber. Zuerst wohnten wir bei Gastfamilien. Dann kamen auch abwechselnd meine Eltern nach. Vor fast 30 Jahren war die Eishockey-Schule in Kanada natürlich viel, viel größer als in Österreich“, erzählt Lakos.

Hart, aber herzlich

Wieder zurück in seiner Heimatstadt Wien, erspielt sich der beinharte Verteidiger in den folgenden 18 (!) Jahren, zurecht einen Legenden-Status. Nur einmal ging Lakos „fremd“, verirrte sich für eine Saison nach Innsbruck (2008/2009). Bei den Caps ist das Schwergewicht fortan „der Mann fürs Grobe“, scheut keinen Zweikampf und keinen Fight, punktet mit körperlicher Präsenz, zeigt immer 100 Prozent Einsatz. Verletzungen inklusive. Während seine Teamkollegen am 16. Februar 2016 den 5:4-Heimsieg gegen Salzburg feiern, liegt er im Wiener Lorenz Böhler Krankenhaus auf dem OP-Tisch. Nach einem Stockschlag kämpfen die Ärzte um seinen kleinen Finger. Der obere Teil hing nur noch an Hautfetzen. Rund eine Stunde nach Spielende ist Lakos wieder zurück in der Caps-Kabine. Der Frust über einen längeren Ausfall, das verpassen der Play-Offs, die Mannschaft im Stich zu lassen, wurmte ihn mehr als die noch nicht klaren Folgen seiner Verletzung. „Keine Ahnung, ob alles wieder zusammenwächst. Das oberste Knochenstück ist komplett zertrümmert“, ärgerte sich Lakos. Der Finger blieb dran. Die zum Glück gut ausgegangene Geschichte beschreibt den Charakter des 193cm großen und 97kg schweren Unikats perfekt: Immer für das Team da, egal was passiert. „Ich bin bereit, wenn ich gebraucht werde“, ließ Lakos in unzähligen Interviews immer wieder ausrichten. In den Vordergrund stellte er sich nie. „Ich nehme alles recht locker, habe mir nie Sorgen über meine Karriere gemacht“, plaudert der Rekordspieler der spusu Vienna Capitals (898 Spiele) beim Interview-Termin mit dem onFIRE-Magazin.

Bescheiden und zurückhaltend

Im Februar 2019, am Tag vor dem Ende der Transferfrist, schickt ein österreichischer Eishockey-Journalist das gelb-schwarze Fan-Idol voreilig in die „Hockey-Pension“. „Seine EBEL-Karriere (Anm.: Lakos war in den Monaten davor nur noch im Farmteam der Vienna Capitals aktiv und nicht für den Profi-Kader gemeldet) wird also mit Freitag Mitternacht endgültig beendet sein“, lauteten die Zeilen in einem Online-Artikel. Der Autor irrte. Lakos wurde für die Play-Offs gemeldet, war wieder da – und wie. Statt Niki Hartl (damals verletzt) in den Kader gerückt, durfte der damals bereits 39-Jährige schlussendlich seine vierte Finalteilnahme erleben (2:4-Serien-Niederlage gegen den EC-KAC). „Ich habe die Monate beim Farmteam durchaus cool gefunden. Erst dann lernst du das Umfeld bei den Profis wirklich zu schätzen. Gleichzeitig war das Spiel auch ein wenig langsamer. Vielleicht habe ich dadurch noch mehr Selbstvertrauen bekommen. Das hat mir auch geholfen. Ich habe es gerne gemacht, mit den jungen Talenten zu spielen.“ Lakos wie er leibt und lebt. Immer bescheiden, zurückhaltend, nie ein schlechtes Wort verlierend.

Strafbank als zweites Zuhause

Kommt die Frage nach den absoluten Highlights seiner langen Karriere, dann ist der Familienvater (Tochter Lea ist mittlerweile eineinhalb Jahre alt) sofort „ready“. „Die beiden Meistertitel stehen ganz oben. Und die damit verbundenen Partys“, sprudelt es aus ihm heraus. „Aber natürlich auch der eine oder andere Fight mit gegnerischen Spielern“, fügt er schmunzelnd hinzu.

Lakos und die Strafbank, das ist ein besonderes Kapitel. Rechnet man all seine in der Liga erhaltenen Strafminuten zusammen, dann verbrachte die bei Gegnern gefürchtete Nummer „4“ fast eineinhalb Tage in der Kühlbox. Lakos der „Strafenkönig“ der Liga. Keinem wurde öfters die Türe geöffnet. „Vielleicht baue ich mir im Keller eine Bar, die wie eine Strafbank aussieht“, lacht der immer gut gelaunte Verteidiger. „Aber abgehen wird mir dieser Platz sicher nicht. Außerdem bin ich in den letzten Jahren viel braver geworden. Die vielen Fights sind doch schon längst vergessen.“

„Lasse mich nicht allzu lange nerven“

Die Klickzahlen auf die „Video-Beweise“ seiner Fights im Internet gehen zwar konstant in die Höhe (Tipp: Lakos vs. Hansen), doch die Statistik gibt ihm recht. Bekam Lakos in der Saison 2006/2007 noch 206 Strafminuten aufgebrummt, nahm die Anzahl in den letzten Jahren konstant ab und betrug im Schnitt nur noch ein Viertel. „Früher hast du es natürlich auf dem Eis darauf angelegt. Heutzutage passieren Fights bei mir nur noch aus der Emotion heraus. Meiner Frau ist es auch lieber, wenn ich es lasse. Du kannst dich ja immer verletzen. Mich ärgern die gegnerischen Spieler auf dem Eis sowieso nicht so viel. Das liegt wahrscheinlich am Respekt, den sie vor mir haben“, profitiert er sicherlich auch von seinem Ruf als schlagkräftiges Gegenüber. „Aber wenn ein Gegenspieler auf unseren Tormann auffährt oder eine Schubserei ist, dann kommen bei mir die Emotionen hoch und ich lasse mich auch nicht allzu lange nerven“, ergänzt der langjährige Nationalspieler.

Ein letztes Mal Play-Offs

Nun steht Lakos also vor seinen letzten Play-Offs. Es werden seine insgesamt 17. für die Caps. Nur 2016 musste er aufgrund seiner Fingerverletzung passen. Best-Of-Seven, jeden zweiten Tag ein Spiel. Die „schönste Jahreszeit“ ist gleichzeitig auch die intensivste. Es kann schneller vorbei sein, als man glaubt. Das weiß auch Lakos. „Natürlich habe ich schon ein paar Mal darüber gegrübelt, wie mein letztes Karriere-Spiel so ablaufen könnte. Klar wird es nicht so sein wie jedes andere. Während der Partie werde ich wahrscheinlich nicht darüber nachdenken. Doch wenn dann die finale Sirene ertönt, wird das Ganze bei mir so wirklich sickern und klar sein: Jetzt ist es vorbei.“

Traum vom Titel

Wohin die Reise in den Play-Offs für die spusu Vienna Capitals gehen wird, das traut sich Lakos nicht zu prophezeien. Es könne alles passieren, auch aufgrund der noch immer vorherrschendenden Pandemie und dem unberechenbaren Corona-Virus. „Natürlich wäre der Meistertitel ein Traum“, gibt Lakos zu. „Ich habe viele Erinnerungen an Play-Off-Spiele gegen den KAC. Ob in den beiden Meisterjahren 2005 und 2017, oder beim Sweep der Klagenfurter gegen uns im Jahr 2013. Duelle mit dem KAC mag ich, da herrscht eine gute Rivalität. Die Viertelfinal-Serie gegen Klagenfurt, als Abschluss der Karriere, ist schon sehr cool.“

Am Ende wurden es packende Play-Offs. Sieben Spiele im Viertelfinale gegen Klagenfurt, vier gegen Salzburg im Halbfinale. „Es war wirklich cool, dass ich in dieser Saison wieder vor Fans spielen habe dürfen. Hinter mir liegt eine lange Karriere. Ich fühle mich zwar noch sehr jung, aber irgendwann ist es dann leider vorbei.“

Danke Phil!

 #4 Phil Lakos

Geburtsdatum: 19.8.1980 (41 Jahre)

Größe: 193cm

Gewicht: 97kg

Position: Verteidiger

Schusshand: rechts

Bilanz Caps: 898 Liga-Spiele (32 Tore, 127 Assists)

1890 Straf-Minuten

Erfolge: zweimaliger Meister (2005 & 2017), Caps-Rekordspieler, 121-maliger Ö-Nationalspieler

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